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Im Zusammenhang mit den Ausschreibungen von Architektenleistungen
A. HAD-Referenz-Nr.: 2528/77, veröffentlicht in der HAD am 13.02.2013; Weiterführung der Sanierung der Autalhalle in 65527 Niedernhausen, weitere Bauabschnitte; aufgehoben laut HAD-Referenz-Nr.: 4357/47, veröffentlicht in der HAD am 16.08.2013,
B. HAD-Referenz-Nr.: 2528/70, veröffentlicht in der HAD am 20.08.2012; Sanierung der Autalhalle in 65527 Niedernhausen, weitere Bauabschnitte; aufgehoben laut HADReferenz-Nr.: 2/4193, veröffentlicht in der HAD am 31.08.2012,
wird ein Akteneinsichtsausschuss eingerichtet, der folgende Aufgaben hat:
1. Prüfung, ob im Einzelnen gegen geltendes Vergaberecht gehandelt wurde.
2. Prüfung, ob und gegebenenfalls das bei der Ausschreibung unter A ausgewählte
Ingenieurbüro bevorzugt wurde.
3. Prüfung, wer gegebenenfalls die rechtswidrigen Einzelschritte in den
Vergabeverfahren zu verantworten hatte.
Der Gemeindevorstand soll alle Akten, die im Zusammenhang mit den o. g.
Ausschreibungen stehen, vorlegen.
Der Ausschuss besteht aus 7 Mitgliedern, die analog dem Stärkeverhältnis der
Fraktionen im Benennungsverfahren zu besetzen sind. Die Rechte der kleinen
Fraktionen sind zu berücksichtigen.
Brief von EU-Kommission vom 25.7.2013 Blätter 141ff
„Das Vertragsverletzungsverfahren ist von der Europäischen Kommission am 27. September 2012 eingestellt worden, nachdem die Bundesrepublik Deutschland mit Mitteilung vom 24. Juli 2012 mitgeteilt hatte, dass die Verträge mit dem Auftragnehmer gekündigt seien, soweit sie noch nicht vollständig ausgeführt worden waren und dass die verbleibenden Leistungen nach den Regeln der Richtlinie 2004/18/EG ausgeschrieben werden würden. Der Mitteilung war auch ein Schreiben des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 15. Juni 2012 beigefügt, in dem die Neuausschreibung nach Neuordnung der Bauabschnitte und die Überwachung durch das Ministerium versprochen wurde. Auch die Bundesrepublik hatte versprochen, die Kommission über den weiteren Fortgang zu unterrichten und vor allem die Bekanntmachungen zu übersenden. Eine derartige Information hat die Kommission bisher nicht erhalten.“
…Die Veröffentlichung wirft erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Verfahrens mit der Richtlinie 2004/18/EG (nachfolgend die „Richtlinie“) auf:
Die Leistungen sollen im Verhandlungsverfahren vergeben werden. Die Leistungen sind jedoch allein Leistungen der Leistungsphasen 5 bis 8 des § 15 HOAI. Es handelt sich um Ausführungsplanung, die Vorbereitung der Vergabe, die Mitwirkung bei der Vergabe und die Objektüberwachung. Den Dienststellen der Kommission ist nicht ersichtlich, inwieweit es sich dabei um die in Art. 31 Abs. 1 c) der Richtlinie genannten geistig-schöpferischen Dienstleistungen handelt, bei denen die vertraglichen Spezifikationen nicht so genau festgelegt werden können, dass der Auftrag nicht im offenen oder nichtoffenen Verfahren vergeben werden kann. Die Dienststellen der Kommission weisen darauf hin, dass nicht jede von Architekten erbrachte Leistung die Anwendung der Ausnahme des Art. 31 Abs. 1 c) der Richtlinie rechtfertigt.
Nach Ziffer IV.1.2) soll die Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer auf eine Mindestzahl von 5 beschränkt werden. Kriterien für die Beschränkung sind die „Fachkunde für die Sanierung und Erweiterung von öffentlichen Bauten“, sowie „Referenzobjekte“….Die Kriterien müssen jedoch objektiv und nicht diskriminierend sein. Die Fachkunde bei der Sanierung und Erweiterung von allein öffentlichen Bauten erfüllt diese Anforderungen nach Einschätzung der Dienststellen der Kommission nicht. Sie diskriminiert Marktteilnehmer, die mit derartigen Objekten keine Erfahrung haben, ohne dass die Beschränkung auf öffentliche Bauten aus der Sache gerechtfertigt sein könnte. Das Kriterium der Referenzobjekte wird in keiner Weise definiert, so dass es interessierten Wirtschaftsteilnehmern nicht möglich ist, aus der Veröffentlichung zu erkennen, auf welcher Basis sie gegebenenfalls zur Verhandlung zugelassen werden oder nicht. Es gibt dem öffentlichen Auftraggeber letztlich freies Ermessen bei der Beschränkung der Wirtschaftsteilnehmer. Ein solches Verfahren ist mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht zu vereinbaren.
In Ziffer IV.2.1) der Veröffentlichung werden die Zuschlagskriterien definiert. Danach soll das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die folgenden Kriterien den Zuschlag erhalten:
1. architektonisch/gestalterische Handschrift. Gewichtung 1
2. Fachkunde für die Sanierung und Erweiterung. Gewichtung 6
3. Entgelt. Gewichtung 1
4. Erfahrung mit öffentlichen Auftraggebern. Gewichtung 2.
Die Dienststellen der Kommission weisen darauf hin, dass Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien sein müssen, Art. 53 der Richtlinie. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sind Zuschlags- von Eignungskriterien im Übrigen streng zu trennen. Nach der Einschätzung der Dienststellen der Kommission handelt es sich allein beim „Entgelt“ um ein Zuschlagskriterium. Die Fachkunde für die Sanierung und Erweiterung, sowie die Erfahrung mit öffentlichen Auftraggebern sind keine mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien, sondern solche, die die Eignung des Auftragnehmers betreffen. Darüber hinaus ist das Kriterium der Erfahrung mit öffentlichen Auftraggebern diskriminierend. Es benachteiligt Bewerber, die zwar die für die Ausführung eines Projektes wie der Autalhalle notwendige Erfahrung besitzen, diese aber nicht mit öffentlichen Auftraggebern erworben haben. Das zweite Kriterium ist unbestimmt und damit intransparent, da es nicht angibt, welche Gebäude die Sanierung und Erweiterung betreffen soll. Beim ersten Kriterium bestehen bereits Zweifel an seinem Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand, da dieser ganz überwiegend die Bauausführung, nicht aber die Gestaltung des Gebäudes betrifft. Im übrigen ist die „Handschrift“ als allgemeiner Stil eines Architekturbüros ebenfalls ein Kriterium, das die Eignung des Büros betrifft, nicht aber die Qualität des Auftragsgegenstandes.
…. Die Dienststellen der Kommission haben ferner Zweifel daran, dass das Verfahren die Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Sinne des Art. 2 der Richtlinie gewährleistet hat. Zunächst konnten ergänzende Unterlagen und Beschreibungen nur bis 22. Februar 2013 eingesehen oder angefordert werden, obwohl die Auftragsbekanntmachung erst am 16. Februar 2013 veröffentlicht worden ist. Interessierte Wirtschaftsteilnehmer hatten daher allein 5 Werktage, um zusätzliche Informationen einzuholen. Nach Ansicht der Dienststellen der Kommission widerspricht diese kurze Frist bereits Art. 39 der Richtlinie und ist insbesondere im Hinblick darauf, dass es sich um die Fortsetzung eines Bauvorhabens handelt, diskriminierend. Interessierte Wirtschaftsteilnehmer, die an der Planung des Bauvorhabens beteiligt waren, benötigen zusätzliche Informationen nicht, während sie für andere essentiell sind. In diesem Zusammenhang erbitten die Dienststellen der Kommission genaue Angaben darüber, wie der öffentliche Auftraggeber in der vorliegenden Situation die Gleichbehandlung der interessierten Wirtschaftsteilnehmer gesichert und eine diesen Grundsätzen widersprechende Bevorzugung des vorherigen Auftragnehmers verhindert hat.
… Angesichts der oben dargelegten erheblichen Zweifel an der Vereinbarkeit des Verfahrens mit der Richtlinie ersuchen die Dienststellen der Kommission die Bundesrepublik Deutschland dringend darum, auf der Basis dieser Veröffentlichung keinen Zuschlag zu erteilen und keinen Vertrag abzuschließen.
Diese Darlegungen der EU-Kommission belegen eindeutig, dass bei der Ausschreibung bezüglich HAD-Referenz-Nr.: 2528/77 gegen geltendes Vergaberecht gehandelt wurde. Dass auch bei der geplanten Vergabe des Auftrags gegen geltendes Recht verstoßen werden sollte, ergibt sich aus den unter 2) aufgeführten Tatsachen.
Bewerberliste Auswahlstufe 1 (Gemeindevorstandsvorlage vom 24.6.2013
Kriterien:
1 architektonische/gestalterische Handschrift 1
2 Fachkunde für die Sanierung und Erweiterung 6
3 Entgelt 1
4 Erfahrung mit öffentlichen Auftraggebern 2
Bewertungsliste Stufe 2 Blatt 109/110 der Akten
Verhandlungsverfahren (Dienstleistungen VOF)
Nachweis der Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (Eignung)
1) Nachweise über die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
2) Nachweis fachliche Eignung
3) Verknüpfungen zu wirtschaftlichen Unternehmen
4) Wann Beginn der Bearbeitung
5) Projektverantwortlicher, Anzahl der beteiligten Personen
6) Honorarangebot
7) Gründe, die eine Auftragsvergabe ausschließen können?
8) Projektarbeit über die nächsten Jahre sichergestellt?
9) Kennen Sie die Autalhalle?
10) Was ist das Besondere an der Autalhalle?
11) Kennen Sie das Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der „Causa Autalhalle Niedernhausen“?
12) Was genau ist hier entschieden worden?
Aktenvermerk des Mitarbeiters der Gemeindeverwaltung: Blatt 144 der Akten
Aufgrund der aktuellen Entwicklung bei der Vergabe der Ing.-Leistungen…und einem Gespräch mit Bürgermeister Reimann gibt der UZ zur Ergänzung der Aktenlage nachfolgende Erklärung ab (29.7.2013):
In Vorbereitung des Verhandlungsverfahrens – Stufe 2 wurde vom UZ eine „Bewertungsliste“ für die anstehenden Bewerbergespräche vorbereitet (Anlage). Nach Vorgabe und auf Anweisung von Bürgermeister Döring wurde die „Bewertungsliste“ um die Fragen 9, 10, 11 und 12 ergänzt.
Verhandlungsverfahren
Teilnehmer: Metternich, ... , Döring
Vorlage 601/11-16 (2.7.13) Blatt 118-121 der Akten
„Weiterführung der Sanierung der Autalhalle“
Sachverhalt 2:
…Die anderen Bewerber haben den Aufgabenschwerpunkt im wesentlichen bei Großprojekten (Flughafen, Kliniken, Gewerbebauten, Wohnungsbau oder Denkmalschutz).
Nach eingehender Beratung und unter Berücksichtigung der im Vergabeverfahren gewonnenen Kenntnisse und Informationen sind die vorgenannten Personen zu der Auffassung gelangt, dass Bewerber Nr. 4 …. Niedernhausen, die im Verhandlungsgespräch geforderten Nachweise zu Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (Eignung) am besten erfüllt hat. Er konnte die ihm gestellten Fragen umfassend beantworten.
Herr Dipl.-Ing. …. konnte an Hand verschiedener Projekte seine Fachkunde für die Sanierung und Erweiterung darlegen. Dazu zählen unter anderem:
Die Aussage, dass die nicht zum Gespräch eingeladenen Bewerber „den Aufgabenschwerpunkt im Wesentlichen bei Großprojekten (Flughafen, Kliniken, Gewerbebauten, Wohnungsbau oder Denkmalschutz)“ haben, ergibt sich weder aus den vorgelegten Bewerbungen noch aus den Gesprächsprotokollen und erscheint völlig willkürlich. So verweist z.B. ein Bewerber aus dem Rheingau darauf, im Bereich „Energetische und brandschutztechnische Sanierung sowie Neu- und Erweiterungsbauten von Schulgebäuden, Sporthallen und Veranstaltungshallen“, seit 2000 über 50 Projekte, u.a. im Dezember 2012 die brandschutztechnische und energetische Sanierung der Dreifeldhalle und des Gymnasiums Schulzentrum Eltville durchgeführt zu haben. Diesem Bewerber wurden mit der lapidaren Anmerkung „Schwerpunkt Brandschutz“ in der Bewertungskategorie „2 Fachkunde für die Sanierung und Erweiterung“ nur 4 von 6 möglichen Punkten gegeben. Dem bevorzugten Büro wurden hingegen hier 5 Punkte gegeben (Referenzobjekte: Sanierung Autalhalle I – V BA, Sanierung „Alte Schule“ Oberjosbach, Anbau „Alte Schule“ Königshofen, Einbau Fahrstuhl Rathaus Niedernhausen). Zum Gespräch eingeladen wurden lediglich die Bewerber, die in der o.g. Kriterienliste 9 Punkte erzielen konnten, sowie der örtliche Bewerber mit 8 Punkten. Ein weiterer Bewerber, der ebenfalls 8 Punkte erzielt hatte, wurde mit der Begründung „Schwerpunkt Flughafen“ nicht eingeladen. Die Bewerbungsmappe diese Bewerbers gibt allerdings 5 Referenzprojekte für Bau bzw. Sanierung von Mehrzweck- und Sporthallen an (die des örtlichen Bewerbers nur eines). Durch die Aufnahme der Fragen 9 bis 12 in die „Bewertungsliste“ wurde der Bewerber bevorzugt, der bereits bei den vorherigen Bauabschnitten bei der Sanierung der Autalhalle beauftragt war. Diese Fragen konnten nur von ihm „umfassend“ beantwortet werden. Die Beantwortung dieser Fragen war jedoch für die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers völlig irrelevant. Dies beweist, dass ein bestimmter Bewerber willkürlich und somit rechtswidrig bevorzugt wurde.
Siehe o.g. Erklärung des Gemeindeverwaltungsmitarbeiters vom 29.7.2013:
Nach Vorgabe und auf Anweisung von Bürgermeister Döring wurde die „Bewertungsliste“ um die Fragen 9, 10, 11 und 12 ergänzt.
Verhandlungsverfahren
Teilnehmer: Metternich, …, Döring
Vorlage 601/11-16 (2.7.13) Blatt 118-121
„Weiterführung der Sanierung der Autalhalle“
Sachverhalt 2:
…An den Gesprächen nahm neben dem 1. Bgo Herrn Metternich, teilweise Bürgermeister Döring und der UZ … teil.
Nach eingehender Beratung und unter Berücksichtigung der im Vergabeverfahren gewonnenen Kenntnisse und Informationen sind die vorgenannten Personen zu der Auffassung gelangt, dass Bewerber Nr. 4 … Niedernhausen, die im Verhandlungsgespräch geforderten Nachweise zu Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (Eignung) am besten erfüllt hat. Er konnte die ihm gestellten Fragen umfassend beantworten.
Die Verantwortung für die willkürliche Bevorzugung eines örtlichen Bewerbers (der bereits bei den vorherigen Bauabschnitten bei der Sanierung der Autalhalle beauftragt war) liegt beim damaligen Bürgermeister G. Döring und beim ersten Beigeordneten L. Metternich. Nach Aktenlage war der damalige Bürgermeister G. Döring bei zwei der vier Gesprächen mit den Bewerbern anwesend und der erste Beigeordnete L. Metternich bei allen vier Gesprächen. Weiterhin anwesend war lediglich der Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, der in dieser Sache „auf Vorgabe und Anweisung“ handelte.
Die Ausschreibung und Vergabe der Ingenieursleistungen zur Sanierung der Autalhalle (weitere Bauanschnitte) erfolgte rechtswidrig und das ausgewählte Ingenieurbüro wurde offensichtlich bevorzugt, indem Auswahlkriterien entweder missachtet oder willkürlich und sachfremd zu seinen Gunsten verändert wurden. Die Verantwortung dafür tragen der damalige Bürgermeister G. Döring und der erste Beigeordnete L. Metternich.
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